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Dienstfahrten Von der Leyens Extratouren

Familienministerin Ursula von der Leyen muss sich kritische Fragen wegen ihrer Dienstwagennutzung gefallen lassen. Auffällig häufig lässt sie sich zwischen Berlin und Hannover chauffieren. Ihre zwei Fahrer haben es besonders weit: Sie sind in Bonn stationiert.
Von Hans-Martin Tillack

Kein Zweifel, Ursula von der Leyen ist eine vorbildliche Frau. In Berlin gehört die Familienministerin zu den unbestrittenen Stars im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel. An ihren freien Abenden kümmert sich die 50-Jährige um sieben Kinder und ihren demenzkranken Vater, den früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. In dessen Haus in Burgdorf-Beinhorn bei Hannover wohnt seit einem Jahr die ganze Familie.

Aufs Auto umgestiegen

Die Ministerin selbst hat dafür gesorgt, dass die Journalisten das erfahren haben. Alles an ihr ist vorbildlich, so kommt die Botschaft rüber. Nur gilt das nicht ganz für die Art und Weise, wie von der Leyen die Fahrten zwischen Burgdorf-Beinhorn und Berlin organisiert. Diese Geschichte fand sich bisher nicht in den Zeitungen.

Noch zu Beginn ihrer Amtszeit nahm sie den Zug, um "möglichst jeden Abend" zu Hause zu sein - und redete darüber: "Der ICE ist von Berlin in eineinhalb Stunden in Hannover: Das ist kostbare Arbeitszeit, da werde ich nicht gestört!", sagte sie im März 2006 der "Bild der Frau".

So vorbildlich pendelt die CDU-Politikerin inzwischen nicht mehr. Heute lässt sich von der Leyen die 280 Kilometer lange Strecke zwischen Burgdorf-Beinhorn und dem Büro am Berliner Alexanderplatz lieber chauffieren, mit einer Limousine vom Typ Audi A8 TDI. Pro Kilometer kommen 227 Gramm des klimaschädlichen Kohlendioxids aus dem Auspuff.

Zeit und Geld sparen

Doch im Auto spare sie Zeit und Geld, außerdem könne sie besser auch "vertrauliche Telefonate" führen, argumentiert das Ministerium. Zudem fielen die "weit auseinander liegenden Fahrten" zwischen Ministerium, Bahnhof und Wohnhaus weg. Das Haus freilich liegt nur 18 Kilometer vom Hauptbahnhof Hannover entfernt. Und vom Ministerium zur nächsten ICE-Haltestelle sind es 2,4 Kilometer.

Von der Leyen lässt noch aus einem anderen Grund mehr Kilometer fressen als unbedingt nötig. Denn ihre beiden Fahrer wohnen nicht am Hauptsitz des Ministeriums in Berlin, sondern in Bonn, wo die Behörde einen zweiten Sitz unterhält. Bevor die Chauffeure die Ministerin morgens zu Hause abholen, müssen sie erst rund 330 Kilometer Anfahrt bewältigen - und abends auf dem Heimweg noch einmal dieselbe Strecke zurücklegen, wenn die Ministerin selbst schon glücklich bei ihren Lieben ist.

Unterschiedliche Angaben

44 Mal sei sie von Januar bis November mit dem Dienst-Audi zwischen Burgdorf und Berlin gependelt, sagt von der Leyen, im Schnitt also einmal pro Woche. Doch seltsam: Eine Anwältin des Ministeriums stellte es vor dem Berliner Arbeitsgericht anders dar. Nach ihren Angaben sollen die beiden Fahrer aus Bonn die Ministerin regelmäßig mehrfach pro Woche von Burgdorf nach Berlin und retour befördern.

Selbst bei nur einer Tour pro Woche würden die Chauffeure so allein auf ihren Leerfahrten zwischen Bonn und Burgdorf gut 29.000 Kilometer pro Jahr runterreißen - fast genauso viele wie von der Leyen im ganzen Jahr 2006 mit ihrem Dienstwagen zurücklegte. Beinahe sieben Tonnen betrüge dann der zusätzliche Ausstoß an klimaschädlichem Kohlendioxid.

Es sei denn, der Fahrer übernachtet auf Kosten des Steuerzahlers in Hannover, bevor er die Ministerin am nächsten Morgen wieder abholt. Das kommt öfter vor. Das Ministerium berappt für die beiden Fahrer Hotelkosten in Berlin und Hannover von durchschnittlich 1235 Euro im Monat. Aus Sicht des Familienressorts ist es trotzdem "gleichgültig", ob ein Fahrer aus dem 280 Kilometer entfernten Berlin oder aus dem 330 Kilometer entfernten Bonn anreist.

Wenn die Ministerin das Flugzeug nimmt

Dabei müssen die beiden Chauffeure regelmäßig - laut Ministerium angeblich nur einmal im Monat - auch ganz ohne von der Leyen Fahrten zwischen dem Dienstort Berlin und dem Wohnsitz in Bonn absolvieren. Das kommt etwa dann vor, wenn die CDU-Politikerin in Berlin das Flugzeug nimmt und der Fahrer ohne Ministerin an seinen Wohnort im Rheinland zurückreist.

Dabei verfügt sie über eine Alternative. Ein langjähriger Cheffahrer, der früher Parlamentarische Staatssekretäre chauffierte, hat das Familienministerium verklagt. Er sei unterbeschäftigt, beschwerte er sich vor dem Arbeitsgericht. Obwohl "hochbezahlt", habe er kaum mehr zu tun, als einen Abteilungsleiter morgens vor der Haustür abzuholen und abends heim zu bringen.

Spitzenpolitiker haben freie Wahl

"Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten" sei das alles nur "schwer nachvollziehbar", sagte Richter Ulrich Michels. Wegen seines Auftretens und seiner Leistung würde der Mann sich als Cheffahrer durchaus "aufdrängen". Aber es sei nun mal das Recht von Spitzenpolitikern, ihre Fahrer frei zu wählen.

Das Ministerium sagt, man sei "sehr bemüht, auch diesen Fahrer noch optimaler" in den Dienstplan "einzugliedern". Leider aber kämen sämtliche Berliner Chauffeure des Ministeriums wegen eines fehlenden "Vertrauensverhältnisses und aus anderen individuellen persönlichen Gründen" nicht als Chauffeur für von der Leyen in Frage.

Teuer ist die Pendelei per Limousine auch für die Ministerin selbst. Sie muss die Fahrten als geldwerten Vorteil versteuern. Der kann in ihrem Fall pro Monat eine vierstellige Summe ausmachen.

Die Kosten, die die Extratouren ihrer Bonner Chauffeure verursachen, muss die Ministerin dagegen nicht bezahlen. Die trägt der Steuerzahler.

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